Einige Zeit zuvor hatte sie sich beim Joggen den Knöchel verstaucht. Der Arzt verordnete ihr eine schwarze, abnehmbare Kunststofforthese für ein paar Tage, die ihr das Gehen ermöglichte und gleichzeitig den Knöchel stabilisierte. Wesentlich später, als die Erinnerung an die Verletzung verblasst war, überlegte sie, wie es wohl wäre, eine Zeit lang einen Gips zu tragen und Krücken zu benutzen.
Die Vorstellung faszinierte sie, und sie wollte wissen, wie sich ein Gipsverband anfühlt, der deutlich starrer, härter, schwerer, nicht abnehmbar und einschränkender als eine Orthese ist. Zudem wollte sie Krücken benutzen, weil das Gipsbein dadurch für sie realer erschien.
Als der auffällige, pinkfarbene Verband schließlich an ihrem Bein angelegt wurde, fühlte sie eine merkwürdige Zufriedenheit. Es gefiel ihr, wie der Gips ihren Fuß umhüllte und ihm eine ganz neue Bedeutung verlieh. Sie hatte vorher eine Pediküre machen lassen, da sie von der Orthese wusste, dass ihre Zehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen werden. Mit der Pediküre und dem perfekten Nagellack fühlte sie sich zudem attraktiver.
Dennoch war sie anfangs nervös, sich mit dem Gips in der Öffentlichkeit zu zeigen. Aber schnell bemerkte sie, wie freundlich die Leute zu ihr waren und wie sie neugierig Fragen zu ihrer „Verletzung“ stellten. Sie konnten zusammen lachen und Geschichten über ihre Erfahrungen austauschen.
Sie mochte es, wenn man sie anlächelte und ihr die Türen öffnete. Die Fürsorge von anderen tat ihr gut. Sie fühlte sich immer wohler und selbstbewusster. Sie genoss die Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wurde, und bemerkte auch, dass einige Leute ihren Gips anstarrten, was sie nur noch glücklicher machte. Es war schön zu sehen, wie selbstbewusst sie dabei war und wie sehr sie die gesamte Erfahrung genoss.