www.gipsverband.de
Tanja Frieden english
Die Schweizer Olympiasiegerin von 2006 im Snowboardcross, Tanja Frieden, erklärte am 26.01.2010 in einer Zürcher Klinik ihren sofortigen Rücktritt vom Wettkampfsport. Sie reagierte damit auf ihre schwere Verletzungen, die sie sich in der Vorwoche bei einem Wettbewerb in Stoneham (Kanada) zugezogen hatte.

Damit platzte der Traum, ihren Titel bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver Mitte Februar 2010 zu verteidigen. Sie arbeitete mit aller Kraft für dieses Ziel und hatte in den letzten Jahren bereits zwei Rückschläge wegstecken müssen. Zuerst erkrankte sie an Borreliose. Als sie wieder ihr bestes Niveau erreicht hatte, trat eine Durchblutungsstörung im Fußgelenk auf, die sie für lange Zeit zurückwarf.

Die Sportlerin aus dem Berner Oberland kämpfte sich wieder heran. Ihre Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2010 verlief gut. Beim Rennen in Veysonnaz Mitte Januar war sie die beste Schweizerin und belegte Platz 5. Damit hatte sie die Qualifikation für Vancouver schon fast erreicht. Im Weltcup-Rennen in Stoneham sollten die Olympia-Tickets vergeben werden, aber da passierte das Missgeschick. "Es geschah nach einer Kompressionswelle", so Frieden, "bei der Landung bin ich mit dem vorderen Teil der Kante im Schnee hängen geblieben. Der Winkel war so unglücklich, dass sich die gesamten Kräfte auf meine Füße auswirkten." Die 33-Jährige stürzte schwer. "Zuerst war ein stechender Schmerz in den Fersen. Dann hatte ich die leise Hoffnung, die Achillessehnen seien vielleicht nur angerissen. Aber im Herzen wusste ich bereits in diesem Moment, dass alles vorbei, mein großer Traum geplatzt war", sagte sie später.

Noch am Unfallort wurde ihr vom Notarzt die Schulter eingerenkt. Wegen ihrer verletzten Füße musste sie von der Piste getragen werden. Im Krankenhaus von Quebec stellte man den Abriss beider Achillessehen fest. Der Schock sitzt tief: "Ich finde keine Worte für die Situation. Es ist ein sehr heftiges Urteil zwei Wochen vor meinem großen Ziel, den Olympischen Spielen." Im Krankenwagen wurde sie am folgenden Tag zum Flughafen von Montreal gefahren. Per Linienflugzeug ging es zurück in die Schweiz und direkt in die Züricher Hirslandenklinik, wo ihre Achillessehnen operiert wurden.

Einige Tage danach folgte die Pressekonferenz in der Empfangshalle der Klinik. Tanja Frieden wurde im Rollstuhl hereingebracht und war den Tränen nahe: "Ich hätte nie und nimmer gedacht, dass dieser Moment vor den Olympischen Spielen in Vancouver kommt. Aber jetzt ist er da." Dann sagte sie, was alle erwarten hatten: "Ich trete vom Spitzensport zurück". Wenn die Olympische Spiele erst im nächsten Jahr gewesen wären, hätte sie es noch einmal versucht. "Doch vier Jahre sind in meinem Alter eine zu lange Zeit", sagte sie resignierend. "Aber der Schlusspunkt meiner Karriere fühlt sich nicht wie der Tiefpunkt an."

Der Sportmediziner Walter Frey zählte ihre Verletzungen auf: zwei gerissene Achillessehnen, das Sprungbein im Sprunggelenk des linken Fußes gebrochen und im rechten Fuß angerissen sowie eine beschädigte linke Schulterpfanne auf Grund der Luxation. "Eine derartige Häufung von Verletzungen ist eine absolute Rarität", meinte Frey. "Die Achillessehne ist die stärkste Sehne. Sie kann den Druck von einer Tonne aushalten. Bei diesem Unfall müssen ungeheure Kräfte gewirkt haben. Normalerweise reißt oder bricht die schwächste Stelle. Dass aber beide Sehnen parallel reißen und auch noch der Knochen bricht, habe ich noch nie erlebt."

Nach den erfolgreichen Operationen steht der Schweizer Sportlerin des Jahres 2006 nun ein langwieriger Rehabilitationsprozess bevor. Aufgrund ihrer Schulterverletzung kann sie sich für drei bis vier Wochen nur im Rollstuhl fortbewegen. Auf die Frage, wie ihre Zukunft aussieht, hat Tanja Frieden noch keine Antwort: "Zuerst muss ich gesund werden. Dann werde ich eine Zeit lang meine Seele baumeln lassen. Und dann würde es mich freuen, wieder etwas im Wintersport zu machen. Aber konkrete Pläne gibt es noch nicht."
Gold in Turin 2006 Pressekonferenz
Im Krankenhaus
Zu Hause Bei einem Radiosender
Schweizer Olympia-Helden