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Clara

8. Mai 2000 - Ich war mit einer Freundin im Hallenbad und bin in so einer tunnelförmigen Wasserrutsche gerutscht, als plötzlich vor mir ein kleiner Junge aufgetaucht ist, der nicht so schnell rutschen konnte wie ich. Ich hab versucht zu bremsen, bin aber irgendwie in ihn reingerutscht. Wir haben uns verheddert und als wir unten angelangt sind, ist der Knirps auf meinem Knöchel gelandet.

Eigentlich hat es nur recht kurz weh getan, so dass ich noch ein bisschen weitergeschwommen bin. Aber nach einer viertel Stunde ist mein Fuß doch ziemlich angeschwollen. Ich hab gedacht, ich hätte ihn mir verstaucht und bin sicherheitshalber mal zum Arzt gegangen, um mir ne Salbe verschreiben zu lassen. Der hat den Fuß aber gleich geröntgt und mir gezeigt, dass mein Knöchel angebrochen ist. Irgendwo am Gelenk. Als ich den Riss auf dem Foto sah, ist mir schon Angst und Bange geworden, denn ich hatte noch nie nen gebrochenen Knochen. Bei Freunden hab ich zwar schon gesehen, dass die, sobald sie mal nen Gips hatten, halbwegs normal zurechtkamen, aber für mich war das Neuland.

Der Arzt hat sich dann auch gar keine große Mühe gegeben, mich zu beruhigen. Er sagte nur, dass er mir nen Gipsverband verpassen will. Er hat mich gleich auf der Liege gelassen, rief eine Schwester und fing mit dem Verband an. Ich hab eigentlich erwartet, dass ich einen Gehgips krieg, so wie ich ihn schon oft gesehen hab. Aber der Arzt hat nur einen weißen langen Strumpf über mein Bein gezogen, eine Wattebinde drumgewickelt und die Rückseite meiner Wade bis über die Zehen hinaus eingegipst. Dann hat er den Verbandstrumpf um die Gipsschiene herum geschlagen und all das mit elstischen Binden umwickelt. So nach einer halben Stunde war er fertig. Ich konnte meine Zehen vorne aus dem Gipsverband rausschauen sehen. Meinen Knöchel konnte ich überhaupt nicht mehr bewegen. Hauptsächlich deswegen, weil er so geschwollen war und höllisch wehtat. Dann hat mir der Arzt noch ein Paar Krücken gegeben, mir kurz erklärt, wie ich damit laufen kann und mich für eine Woche später wieder bestellt.

Während dieser Woche bin ich mit Krücken rumgelaufen. Meine Hände und Handgelenke haben tierisch wehgetan. Muskelkater war an der Tagesordnung. Aber wenigstens waren die Schmerzen nicht mehr so stark, seit ich den Gips hatte. Außerdem hab ich kaum Hosen über das Bein ziehen können. Die Schiene war doch ziemlich dick. Still und heimlich hatte ich gehofft, dass beim nächsten Arzttermin alles wieder OK ist, und ich gar nicht erst nen richtigen Gips kriege. Deshalb hab ich keine Hosen zerschnitten und hauptsächlich Röcke angehabt.

Die Woche über ist die Schiene immer weiter geworden, weil die Schwellung zurückgegangen ist. Am Ende der Woche hat sie dann schon ganz locker am Fuss geschlackert. Mein Knöchel hat sich ganz normal angefühlt, so dass ich wirklich dachte, ich wäre nochmal davongekommen.

15. Mai 2000 - Als ich beim Arzt war, hat er mir aber erklärt, dass das Dünnerwerden des Beins ganz normal ist und mir ohne viel Aufhebens einen nagelneuen weißen Gehgips angelegt.

Der Gips ging jetzt um mein ganzes Bein. Er fing unterhalb des Knies an, wurde um meine Wade etwas dicker, um den Knöchel, der jetzt schon wieder Normalmaße hatte, dünner und ging um meinen ganzen Fuß. Unter den Zehen hatte ich eine Platte aus Gips. Der ganze Verband war auch gepolstert wie die Schiene. Aber meinen Knöchel konnte ich keinen Millimeter bewegen. Im Vergleich zur Schiene war das ein komisches Gefühl. Beim Hartwerden ist der Gips ganz warm geworden und hat sich noch ein paar Stunden lang feucht angefühlt. Unter dem Fuß hat mir der Arzt einen Absatz angegipst, der die Sohle des Verbands ziemlich dick gemacht hat. Außerdem hat er mir erklärt, dass ich erst am nächsten Tag den Fuß belasten sollte. Er hat mir noch eine Rolle Schlauchverband mitgegeben, den ich über den Gips ziehen sollte, um ihn sauber zu halten. Naja, jetzt stand ich da, mit meinem Gipsbein. Fünf Wochen mindestens hat der Arzt mir gesagt. Ich war gespannt, was noch kommen würde.

In den nächsten Wochen hab ich dann Probleme entdeckt, von denen ich nicht dachte, dass es sie gibt. Das geht damit los, einen Gipsfuß zwischen den Sitzreihen im Kino zu verstauen. Oder aber die richtige Kleidung für bestimmte Anlässe zu finden, die auch mit Gips gehen. Eines Sonntags war ich zum Beispiel auf einer Hochzeit eingeladen. Mein Kleid sah mit Gips doch ein bisschen komisch aus. Aber im Humpeln bin ich inzwischen Weltmeister.

13. Juni 2000 - Ich sollte meinen Gips loswerden. Nach fünf Wochen Schiene und Gehgips hab ich mich drauf gefreut, endlich wieder normal laufen zu dürfen. Der Arzt hat den Gips aufgesägt und mein kläglich dünnes Beinchen daraus entfernt. Dann hat er zur Überprüfung noch mal geröntgt ("Nur um zu sehen, ob auch wirklich alles in Ordnung ist.") und festgestellt, dass mein Knochen nicht so gut aussieht, wie er gehofft hatte.

Er hat mir gleich wieder Krücken in die Hand gedrückt. Am Vormittag durfte ich ohne Gips rumlaufen (mit Krücken natürlich), so dass mein Bein mal wieder ein bisschen Sonne bekam. Aber dann hat er mir wieder einen neuen Gips angelegt. Und zwar nen Liegegips. Noch mindestens für zwei Wochen. Der neue Verband war genauso wie der letzte, nur ohne Absatz, so dass ich beim Gehen wieder den Fuß hochhalten und die Krücken nehmen musste.

Ich hoffte, dass beim nächsten Termin in zwei Wochen alles in Ordnung ist. Sonst würde der Arzt mich operieren. In dem Moment wusste ich nicht, was mich mehr schockt. Dass ich wieder auf meine Zehen starre, die aus dem nagelneuen weißen Monster herausschauen, oder die Aussicht auf eine Operation. Aber ich war wie immer optimistisch.

26. Juni 2000 - Meinen Gips bin ich los! Und zwar für immer (hoffe ich). Ich war beim Arzt und der hat mein Bein nochmal angeschaut, geröntgt und beschlossen, dass alles halbwegs gut ist. Ich hab zwar das Gefühl, als ob ich erst wieder Laufen lernen müsste, aber das wird schon. Als Erstes sorge ich mal dafür, dass meine Beine wieder gleich dick werden.