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Gipsverband ändert Gehirn und Fähigkeiten english
Die Ruhigstellung eines Arms hat einen Effekt auf das Gehirn. Deutsche und schweizer Forscher beobachteten mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) einen Rückgang von Teilen des Gehirns, die für die motorischen und sensorischen Fähigkeiten des immobilisierten Arms verantwortlich sind, während sich die Teile des Gehirns und die Fertigkeiten des freien Arms vergrößerten.

Das Schweizer Team um Nicolas Langer und Lutz Jäncke von der Universität Zürich berichten 2012 über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Neurology. Sie untersuchten zehn Patienten mit einem gebrochenen Arm. MRT-Aufnahmen des Gehirns wurden zu Beginn und spätestens nach 14 Tage Ruhigstellung des gesamten Armes durch Gipsverband und Schlinge gemacht. Es wurde beobachtet, dass jene Bereiche der Großhirnrinde, die Sinnessignale des ruhiggestellten Arms verarbeiten und dessen Muskulatur steuern, etwa um 10% an Volumen eingebüßt hatten. Die Gehirnregionen für den anderen Arm wurden dagegen größer, weil dieser bei Tätigkeiten wie Zähneputzen, Schreiben und Essen einspringen musste.

Drei Jahre zuvor berichteten Silke Lissek und ihre Kollegen von der Ruhr-Universität Bochum ähnliche Ergebnisse in der Zeitschrift Current Biology. Sie rekrutierten 31 Probanden (ohne Armverletzungen), denen ein Gipsverband angelegt wurde, und 36 Kontrollpersonen ohne Gips. Nachdem die Probanden den Unterarmgips zwei Wochen lang trugen, wurde eine verminderte Aktivierung im somatosensorischen Cortex in MRT-Aufnahmen beobachtet. Darüber hinaus übertreffen die kompensatorischen Effekte der freien Hand sogar die Fähigkeiten der Kontrollgruppe. Zwei bis drei Wochen nach Gipsabnahme normalisierten sich die Veränderungen der zuvor immobilisierten Seite wieder, während die verbesserten Fähigkeiten der nicht-immobilisierten Seite bestehen blieben.

Die Ergebnisse beider Forschergruppen demonstrieren eine rasche Anpassungsfähigkeit des Großhirns - selbst im Erwachsenenalter. Eine Ruhigstellung in Verbindung mit einem Transfer von Fähigkeiten zur gesunden Extremität veranlasst eine Reorganisation des sensomotorischen Systems.

Quellen

Langer N, Hänggi J, Müller NA, Simmen HP, Jäncke L.
Effects of limb immobilization on brain plasticity.
Neurology. 2012; 78(3):182-188.

Lissek S, Wilimzig C, Stude P, Pleger B, Kalisch T, Maier C, Peters S, Nicolas V, Tegenthoff M, Dinse H.
Immobilization impairs tactile perception and shrinks somatosensory cortical maps. Current Biology. 2009; 19:837-842.